Stimmwirbel sind locker

Gleich zum Anfang die wichtigste Aussage:
Auf gar keinen Fall den Wirbel mit einem Gegenstand in das Holz schlagen! Niemals!

Ein Stimmwirbel klemmt nicht mehr richtig, dreht sich gegen die Saitenspannung von selbst zurück oder die Saite dreht sich des Nachts selbst vollständig vom Wirbel ab ... ?!?
Das kann schon mal passieren. Während der Metallwirbel von Umgebungseinflüssen relativ unbeeindruckt zu bleiben scheint, so arbeitet das Holz in dem er steckt bei Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen. Das Holz "schwindet" oder "schwillt". Das ist ein ganz normaler Vorgang. Gerade bei trockener Heizungsluft im Winter trocknet das Holz der Harfe aus und das Loch in dem der Wirbel steckt, weitet sich etwas.

Ein normaler Harfen-Stimmwirbel hat eine konische Bauform. Die rechte Seite, an dem der Stimmschlüssel angesetzt wird, ist deutlich dicker als das linke Ende, an dem die Saite befestigt wird. Genau passend zu dieser Steigung wurde das Loch im Holz mit Reibahlen und Kegelstiften ausgearbeitet. Dadurch liegt der Wirbel im Loch des Wirbelstockes vollflächig an und kann sich bei leichtem Druck verklemmen. Die Konus-Steigungen sind nicht standardisiert, orientieren sich aber oft an Violinen-Wirbeln.

Im Normalfall sollte es ausreichen, den lockeren Wirbel eine halbe Umdrehung zurück zu drehen - also die Saite zu entlasten. Während man die Saite anschliessend wieder spannt und auf den Zielton stimmt, drückt man über den Handballen den Stimmschlüssel etwas kräftiger auf den Wirbel - presst den Wirbel beim Drehen also vorsichtig in das Holz hinein. Dadurch verklemmt sich der Stimmwirbel wieder im Holz. Bildlich gesprochen "schraubt" man den Wirbel mit dem Stimmschlüssel in einer rechts-drehenden Bewegung mit dezentem Druck tiefer in das Holz. Ziemlich genauso würde man einen einfachen Korkenzieher in den Flaschenkorken eindrehen.

Als Grundregel könnte man sagen: Der Stimmwirbel soll so wenig wie möglich aber doch so fest wie nötig klemmen. Wenn der Wirbel bei trockener Umgebungsluft schon zu fest im Holz sitzt und sich in dem Zustand kaum noch drehen lässt, wird er sich zum Frühlingsanfang bei feuchterer Luft unter Umständen gar nicht mehr bewegen lassen.

Auf gar keinen Fall den Wirbel mit einem Gegenstand in das Holz schlagen! Nicht mal nur ein "Bisschen" !!!
Dadurch werden die weicheren Holzfasern zwischen den härteren Bereichen (Früh- und Spätholzringe) in der Holzstruktur dauerhaft gestaucht und die Flanken des Wirbels liegen nicht mehr überall an. Die Auflagefläche verkleinert sich also durch die Deformation und das Problem verschlimmert sich noch. Zudem birgt ein Schlag auf den Wirbel auch die große Gefahr, das man das Holz des Wirbelstockes spaltet und Risse entstehen. Das würde in jedem Fall einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten (als vorsätzliche Misshandlung erfolgt natürlich auch keine Gewährleistung!). Auch wenn augenscheinlich nichts passiert ist, sitzt der Wirbel tiefer im Holz und schaut auf der Seite an dem die Saite aufgewickelt ist, weiter heraus. Der Harfenbauer kann ein einzelnes, vermurkstes Loch zwar aufwändig wieder auffülen und den Wirbel wieder richtig einsetzen aber in jedem Fall sieht man das bei genauerem Hinschauen. Wenn mehrere Wirbel betroffen sind, müsste man alle Stimmwirbel gegen dickere Reparaturwirbel austauschen und alle Löcher passend dazu ausarbeiten.

Wenn es nicht auf Anhieb zu funktionieren scheint, setzt Dich bitte telefonisch mit Deinem Harfenbauer in Verbindung bevor Du irgend etwas "ausprobierst".
Es ist überhaupt kein Problem sich bei Unwissenheit schlau zu fragen - aber es wird ein Problem wenn man es selbst verschlimmbessert hat.

 


 

Sollte der Stimmwirbel nach Jahren der Benutzung trotzdem nicht mehr zuverlässig klemmen, die Saite vollständig abwickeln und den Wirbel zur rechten Seite heraus drehen.

  • Messing - Wirbel die bereits stark oxidiert (Grünspan) sind, mit der harten, trockenen Seite eines Küchenschwammes (Scotch-Brite) mit etwas unverdünntem Edelstahl/Ceranfeld-Reiniger (Stahlfix, Bref) die Oberfläche des Wirbels putzen, abspülen und sofort abtrocknen. Kein Silberputztuch, keine Never-Dull-Watte und auch keine anderen petroleumhaltigen Pflegeprodukte verwenden!

  • Stahl - Wirbel mit korrodierter Oberfläche entweder mit sehr feiner Stahlwolle (Typ 000) oder mit einem Polier-Fließ (Korn 1000 hellgrau oder Parkettpad beige) polieren. Wirbel mit abblätterndem Chrom sollten ausgetauscht werden. Brünierte oder eloxierte Wirbel nur in dem Bereich polieren der sich später im Holz befindet. Kein Metallpflegemittel auf Öl-, Fett-, Benzin- oder Petroleumbasis verwenden - auch kein WD-40 oder Rostumwandler! Weniger ist hier mehr.

Bevor die Wirbel wieder in das Loch des Wirbelstock gesteckt werden, kann man sie mit einfacher Tafelkreide bemalen. Die Kreide füllt feine Unebenheiten im Holz auf - erhöht dadurch die Auflagefläche - und hemmt den Wirbel dadurch etwas mehr.

Wenn die Wirbel nach der Bearbeitung immer noch durchrutschen, sollte die Harfe von einem Harfenbauer begutachtet werden um das Problem zielgerichtet zu lösen (neue Wirbel, dickerer Querschnitt, Loch reparieren und/oder ausreiben ...)

Zuletzt aktualisiert am 13. Dezember 2023 von K.Stielow.

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